Archivum Honkai: Star Rail

Abendliche Reise durchs Erhabene Heiligtum

Klatsch und Tratsch im Erhabenen Heiligtum: Lifestyle-Rubrik
13. November, 10. Jahr des Sternenkalenders
Von Huai Min

Abendliche Reise durchs Erhabene Heiligtum

Am 12. Oktober traf ich im Schlaflosen Grafen meinen alten Freund von der Kunsthandwerkskommission, den ich seit zwei oder drei Jahrhunderten nicht mehr gesehen hatte.

Es war merkwürdig. Ich erinnere mich, dass wir damals eine kleine Meinungsverschiedenheit hatten und uns beide schworen, nie wieder miteinander zu sprechen. Doch als ich hörte, wie er im Schlaflosen Grafen nach mir rief, vergaß ich sofort all unsere alten Streitigkeiten ... Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass wir nach ein paar Jahrhunderten wieder an einem Tisch sitzen und gemeinsam Tee trinken würden.

Es scheint, dass der Schlaflose Graf genau die Art von Ort ist, wo man immer wieder überraschende Begegnungen hat.

Wir tranken kannenweise Walstromfrühling und verlangten nach mehr heißem Wasser. Als das Aroma des Tees schwächer wurde, begann das Tageslicht zu schwinden. Mein Freund war bei den Wolkenrittern mit der Verwaltung von Schiffen und Ausrüstung betraut und musste pflichtgemäß zu seinem Posten zurück. Nach dem Austausch unserer Kontaktdaten gingen wir unserer Wege.

Als ich auf dem Heimweg unter den Laternen hindurchging, dachte ich an die vielen gemeinsamen Erlebnisse mit meinem Freund. Ich erinnerte mich daran, wie ich die Flugprüfung bestand und mein Freund durchfiel, als wir auf den himmelsstürmende Meeren lernten, wie man Schiffe fliegt. Ich erinnerte mich daran, wie wir lange Zeit bei „Alle unter einem Dach“ gejobbt hatten, nur um genug Geld für den neuesten Halcyon-Jade-Abakus zu haben ... Wir waren einst die besten Freunde, doch wegen einer Meinungsverschiedenheit, an die ich mich nicht einmal mehr erinnern konnte, hatten wir jahrhundertelang nicht miteinander gesprochen.

Wenn mein Freund und ich nicht in Xianzhou leben würden, wären wir vielleicht nicht mal hundert Jahre alt geworden und gestorben, ohne uns jemals wiederzusehen. Das wäre sehr bedauerlich gewesen.

Vielleicht hatte ich zu viel Tee getrunken und war zu aufgeregt. Ich konnte einfach nicht einschlafen, obwohl ich lange im Bett lag. Ich beschloss, einen Abendspaziergang zu machen. Der Mond war an diesem Tag heller als an den Tagen zuvor und es wäre schade gewesen, ihn zu verpassen. Am besten schien es mir, mich zusammen mit jemand anderem daran zu erfreuen. Glücklicherweise war mein Schüler ebenfalls wach, und ich nahm ihn mit auf den Abendspaziergang.

Hinter dem Hof der Ruhe lag die Ruine einer Gartenanlage, die im alten Stil errichtet worden war. Sie lag unter hohem Gras versteckt und musste noch gesäubert werden. Das Mauerwerk reflektierte das sanfte weiße Licht, mit dem der Mond es berührte. Ein Steinlöwe im antiken Stil lag seitlich im Gras und hielt seelenruhig ein Nickerchen im Freien, als würde er langsam in einem Teich aus Mondlicht versinken ... Mein Schüler und ich hielten den Atem an, aus Angst, ihn zu wecken.

Die weiteren Ruinen bestanden aus Steinsäulen mit Lotuskapitellen sowie Wasserbecken, die Wolkenmuster zierten. Leider war der Garten nicht mehr vollständig vorhanden. Junge Künstler versuchen, den alten Stil als „Mode“ wiederzubeleben und erschaffen gelegentlich alte Dinge. Ich glaube, sie haben, genau wie ich, Angst vor der unendlichen Weite der Zeit. Sie wollen sich immer intensiver an die Vergangenheit erinnern, um zu verhindern, dass sie zu sehr verschwimmt, aber all diese Bemühungen werden sich mit der Zeit als vergeblich erweisen.

Das moosbewachsene Gemäuer tief unter dem Gras schien zu atmen. Eine ferne Stimme sagte: „Versuche nicht, es zu verstehen. Heute Nacht sollst du nur fühlen.“ Ich beendete also meine Überlegungen. Mittlerweile war mein Schüler bereits im Stehen eingeschlafen.

Jeden Tag passierten Fußgänger den grünenden Garten inmitten von zerbrochenen Steinen im Mondlicht, nur dieses Mal waren es Müßiggänger wie mein Schüler und ich.